Friss Scheisse

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Womöglich die grösste Arroganz - wie zugleich auch Dummheit - der «Philosophie» (beziehungsweise ihrer gegenwärtigen Jünger und Studierenden, ihrer Aktivist*innen) ist wahrscheinlich jene, dorthin zu scheissen, wo sie frisst. Kaum eine andere Disziplin verfolgt dieses Ziel so tobsüchtig und - wortwörtlich - in der Tat, der Praxis gegenüber fanatisch im ursprünglichsten Sinne des Wortes.

Mensch soll sich die Absurdität einer Tischler*in vorstellen, welche meint, ihr Handwerk sei zu kompliziert, zu hochtrabend, schlicht unzugänglich, weshalb dieses nun vereinfacht und für «die (projizierten) Massen» heruntergebrochen werden muss; sodass auch jede Nicht-Tischler*in dieses ohne Übung oder Aufwand, Schulung, Bildung oder notwendiges Werkzeug vollziehen kann. Für diese imaginierte Tischler*in würde erst dies, also das Erreichen einer absoluten Zugänglichkeit, die eigentliche Höhe ihres eigenen Handwerks darstellen. Dasselbe Gedankenspiel könnte stattdessen auch von einer Chirurg*in oder einer forschenden Physiker*in ausgehen; eine ganz beliebige Daseinsweise und Arbeit (im reellen wie auch im Sinne nach Marx), welche des Handwerkes, des Wissens und der Erfahrung etc. benötigt, einem nicht zu reduzierbarem Ding eben (dem sinkendem Schiff, so Gott will), könnte an diese Stelle geschoben werden und die Absurdität wäre klar vor Augen geführt.

Wieso nur möchten diese Schreihälse der Zugänglichkeit das Handwerk der «Philosophie» verkaufen und schliesslich verdummen nach ihrem Bilde des Pöbels, statt den Versuch zu wagen, mehr Menschen zu bilden? Kein Wunder wird das, was gerne an Institutionen als Philosophie beworben wird zu einer zweitrangigen und höchst mummifizierten Disziplin, ausgerichtet für den Konsum (dann eben doch nur) einiger weniger, die sich so unendlich herablassend nicht besser dünken (ab und an muss mensch es doch hinkriegen, ehrlich mit sich selbst zu sein und zu bemerken, wo mensch steht); wobei die Geringschätzung für den eigenen Standpunkt, einen nicht in einen höher geschätzten katapultiert. Es wird eine Disziplin heraufbeschworen, die zu einem Sammelsurium an Zitaten für andere Fächer existiert, an welcher sich diese im Namen der Interdisziplinarität dann auch liebend gerne bedienen: ein all you can eat-Buffet für systematische Nekrophile. Und die «Philosoph*innen» laben sich zeitgleich an ihrem eigenen Notdurft.

Allerdings kamen schon andere grosse Denkende zu einem ähnlichen Resultat. Mensch könnte dabei auf die geistige Umnachtung Nietzsches hinweisen. Dabei war aber Nietzsches späte Dummheit Konsequenz des Denkens und der Krankheit; ja im Falle einer historischen Betrachtung, eine Dummheit mit performativen Auswüchsen. Dies kann von den erwähnten anderen Exponent*innen der «Philosophie» nicht gesagt werden.

Das kannibalistische Industrialisieren (Formalisieren) des eigenen Handwerks wird nur kurzfristig belohnt und bedeutet nichts anderes, als das Töten jeglicher Magie, die einst die Kreativität und das Denken ausmachte. Das Verhältnis dieser neuen «Philosophie» zur (wirklich spannenden und echten) Philosophie ist dasselbe, wie jenes von einfachen Zaubertricks und Illusionen zur realexistierenden Magie. Die Alchemie dieser Kleingeister ersucht alles in Scheisse zu verwandeln und damit Gleichheit auf Erden zu erschaffen. (Sei einmal dahingestellt, wie erfolgreich dieser Fanatismus, diese Hand des Mierdas dann tatsächlich ist, die Philosophie dabei sie selbst bleibt und was von ihr diesen Wahn überlebt. Im Falle Nietzsches überlebte wohl sicher zumindest etwas. Im Falle der Gegenwart verbleibe ich allerdings skeptisch.)

Kurz: Dorthin zu scheissen, wo mensch frisst, ist ein äusserst gefährlicher Wahn. Doch solche Warnungen vor der Gefahr werden diesen Vorgang unmöglich aufhalten - geschweige denn therapieren können.

Also dann, bon appétit.

25/11/2024